Aktuell sinken die Gaspreise wieder. Warum zahle ich trotzdem so viel mehr für Strom und Gas?
Für den Rückgang der Gaspreise gibt es mehrere Gründe: Durch den hohen Füllstand der Gasspeicher hat die Furcht abgenommen, dass es im Winter zu Engpässen bei der Versorgung kommen könnte. Die Wettervorhersagen in Europa gehen bis Anfang November weiter von überdurchschnittlichen Tagestemperaturen von 15 Grad Celsius aus. So lange dürfte das Überangebot am Markt bestehen bleiben. Seit dem Lieferstopp des russischen Energiekonzerns Gazprom durch die Gaspipeline Nord Stream 1 erreichten umfangreiche Flüssiggaslieferungen die europäischen Häfen (LNG). Die hohen Preise der vergangenen Monate haben neue Anbieter angelockt. Auch staatliche Eingriffe (Strom- und Gaspreisbremse wirken sich ebenfalls dämpfend auf die Preise aus. Außerdem wollen die EU-Länder über gemeinsame Einkäufe ihre Marktmacht ausbauen.
Doch wenn der Börsenpreis – für Strom oder für Gas – steigt oder sinkt, kommt das erst zeitverzögert bei den Endverbrauchern an. Die Versorger deckten sich für ihren Energiebedarf in der Regel größtenteils mit langfristigen Termingeschäften ein und nur zum kleinen Teil mit Einkäufen am kurzfristigen Spotmarkt, sodass bei vielen Haushalten die Preiserhöhungen der Vergangenheit noch gar nicht angekommen sind. Höhere Preise, aber auch sinkende Preise fließen deswegen erst sehr viel später in die Kostenkalkulation ein. Der starke Rückgang bei den Großhandelspreisen ist also für den Verbraucher erst mittelfristig eine gute Nachricht. Das jetzige Energiepreisniveau bleibt vorerst weiter hoch, die aktuellen Preise am Spotmarkt sind nur eine Momentaufnahme. Bei kalter Witterung bleibt die strukturelle Knappheit mittelfristig bestehen.