Wo Prag von Fulda lernen kann

Tschechische Ingenieure besichtigten das Abwasser-Wärmepumpen-System des Löhertor-Areals

Besuch aus der Tschechischen Republik hatte die RhönEnergie Gruppe. Fünf Fachingenieure sowie zwei Vertreter des großen international tätigen Abwasser-Anlagenbauers Huber SE aus Berching waren zu einem Lokaltermin angereist. In Fulda wollten sie sich über die am Löhertor installierte innovative Anlage zur Nutzung von Wärme aus Abwasser informieren. Hintergrund ist der geplante Bau eines neuen Stadt-Quartiers in der Hauptstadt Prag, das mit einer solchen Anlage ausgestattet werden soll. Da die RhönEnergie Effizienz + Service GmbH (RES) bereits mehrjährige Erfahrung mit dieser nachhaltigen Form der Energiegewinnung vorweisen kann, war Fulda ein logischer Anlaufpunkt. Die hiesige Anlage stößt in der Branche auf großes Interesse. Sie entnimmt aus einer am Löhertor vorbeiführenden Hauptleitung Abwasser, führt dieses über einen Wärmetauscher und gewinnt so Wärmeenergie, die zur Beheizung (im Sommer auch zur Kühlung) des Areals genutzt werden kann.

Die tschechischen Kollegen zeigten sich beeindruckt und stellten viele Detail-Fragen zu Wärmeentzug, Temperaturwerten und den benötigten Spülwassermengen. Anschließend besichtigte die Gruppe die im Keller unter dem neuen Finanzamt installierte Anlage. So konnten die Besucher viele Anregungen für die Planungen einer konzeptionell ähnlichen Anlage in Prag mitnehmen. Ein Beispiel gelebter Partnerschaft in Europa.

Hohe Ingenieurkunst

Wärme- und Kälteversorgung unter Nutzung von Abwasser, das klingt zunächst befremdlich. Doch das Grundprinzip ist genial: Häusliches und gewerbliches Abwasser enthält Wärme. Im Winter stehen so um die 10°C als Wärmequelle zur Verfügung. Die daraus mit Hilfe einer Wasser-Wasser-Wärmepumpe gewonnene Wärme kann man zur Wärmeversorgung eines Gebäudekomplexes oder Wohnquartiers einsetzen. Im Sommer, wenn das Abwasser eine Temperatur zwischen 16 bis 18 °C aufweist, wird das System zum Kühlen eingesetzt. So verringert sich  der Bedarf an anderen Energieträgern. Damit lassen sich durch Abwasser-Nutzung erhebliche Mengen an klimaschädigendem CO2 einsparen.

Hierzu erläuterte Jörg Brandes, der zuständige Anlagenplaner und Projektleiter bei der RhönEnergie Effizienz + Service GmbH: „Das Besondere an unserem System ist, dass wir im Vergleich zu Luft-Wasser Wärmepumpen, die mit Außenluft arbeiten, auch im Winter Temperaturen im deutlichen Plus-Bereich nutzen können. Im Sommer müssen wir nicht gegen die hohen Außentemperaturen arbeiten, die dann teilweise jenseits der 30°C-Marke liegen. Dadurch erzielen wir mit unserer Anlage eine deutlich höhere Effizienz.“

Praxistest bestanden

Inzwischen sei die Anlage bereits seit etwa zwei Jahren störungsfrei in Betrieb, unterstreichen die Fachleute der RhönEnergie Effizienz + Service GmbH, die das System nicht nur mit konzipiert hat, sondern auch betreibt. Über die bisherige Laufzeit der Anlage wurden aus dem Abwasser rund 1,38 GWh (Gigawattstunden) oder anders ausgedrückt 1,38 Mio. kWh Wärme sowie 195.000 kWh Kälte gewonnen und dem Gebäude zugeführt. Zum Vergleich: Der typische Jahresverbrauch einer vierköpfigen Familie beträgt ca. 20.000 kWh Wärme.

Regionales Leuchtturmprojekt 

„Unsere Unternehmensgruppe hat das Selbstverständnis, ein innovativer Energiedienstleister und in der Region Treiber der Energiewende zu sein“, betont Martin Heun, Sprecher der Geschäftsführung der RhönEnergie Fulda. „Da war es nur folgerichtig, für den Sitz unserer Unternehmenszentrale eine zukunftsweisende Lösung zu entwickeln. Die Experten dafür haben wir ja im eigenen Hause. Insofern freut uns natürlich, dass unsere innovative Anlage auch im europäischen Ausland Interesse findet.“

Besuch bei der RhönEnergie Effizienz + Service GmbH der RhönEnergie Gruppe: Geschäftsführer Ralf-Stefan Stöppler (3.v.l.) mit den Projektverantwortlichen Jörg Brandes und David Burkard sowie den tschechischen Ingenieuren aus Prag

Foto: RhönEnergie

Schematische Grafik der Anlage zur Gewinnung von Energie aus Abwasser für das Löhertor-Quartier.

Foto: RhönEnergie

Fulda, 06.05.2025